Was lösen die Begriffe KI, Zukunft, Arbeit bei Ihnen aus? Interesse oder Langeweile? Neugier oder Ablehnung? Gleichgültigkeit oder Angst?

Es scheint, dass mit der Einführung der Software Chat GPT der Begriff Künstliche Intelligenz – KI in weiten Teilen der Bevölkerung angekommen ist. Mit vielen offenen Fragen und daraus resultierenden Unsicherheiten und Ängsten über mögliche Veränderungen in unserem Leben und der Arbeitswelt. Veränderungen gehen immer mit einer gewissen Unsicherheit einher. Aber ein „zu schnell zu viel“ an Veränderung kann Überforderung, Angst oder Panik auslösen [1] und das ist es, was wir durch den raschen technologischen Wandel vielerorts erleben. Eine ganz große Angst ist, dass wir Menschen ersetzt werden.

Übertrifft die Maschine den Menschen?

Computer gehen bei der Wahrnehmung der Welt ähnlich vor wie unser Gehirn bei der Verarbeitung von Sinneseindrücken: Künstliche neuronale Netze analysieren schrittweise große Datenmengen. „Deep Learning“ – tiefes Lernen nennt sich das Verfahren, das der Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz zugrunde liegt. Was auch „Deep Learning“ der Maschine nicht beibringen kann sind grundlegende menschliche Eigenschaften wie soziales Verhalten, Emotion und Empathie.

In dem was sie tut, übertrifft KI die Leistungen eines Menschenhirns. Allerdings sind die Fähigkeiten künstlicher Intelligenz nur zu einem kleinen Teil mit dem menschlichen Gehirn vergleichbar. Hirnforscher*innen wissen, dass der Mensch hundert Prozent seines Gehirns benutzt, können aber nur bei einem kleinen Prozentsatz beantworten, wofür er es benutzt. Um dieses riesige Potential zu erforschen, um damit einhergehend auch „Deep Learning“ zu verbessern und die Maschine somit menschenähnlicher zu machen, wird seit etwa 10 Jahren im weltweiten Projekt „Brain Initiative“ daran geforscht, die Funktionsweise und Fähigkeiten des menschlichen Gehirns zu entschlüsseln. Auf die Ergebnisse dürfen wir gespannt sein. Bislang sind wir weit davon entfernt, das menschliche Gehirn in seiner Komplexität zu erfassen, geschweige denn, die Leistungen dieser 100 Milliarden Nervenzellen künstlich nachzustellen. Ein Beispiel: Ihr Computer hat pro Problemlösungsschritt zwei Verknüpfungen zur Auswahl, nämlich 1 und 0. Ihr Gehirn hat 26 Verknüpfungen zur Verfügung und diese potenzieren sich mit jedem weiteren Schritt. [2] Freuen Sie sich also darauf herauszufinden, was alles in Ihnen steckt.

Die unvorstellbare Menge an Daten, auf die KI zurückgreifen kann, führt dazu, dass die Maschine dem Menschen dort überlegen ist, wo es genau darum geht, auf eine unvorstellbare Menge an Daten zurückgreifen zu können. Hier können viele nützliche Anwendungen von Diensten sein. In der Analyse von Röntgenbildern beispielsweise ist die Maschine dem Menschen weit überlegen. Die Maschine kann in einem Sekundenbruchteil Millionen von Bildern vergleichen, Abweichungen analysieren und darauf aufbauend Diagnosen erstellen. Das vermögen selbst die erfahrensten Ärzt*innen nicht.

Aber eine Maschine kann Ärzt*innen nicht ersetzen. Für die Erstellung einer individuellen Diagnose und eines Behandlungsplans, für Patient*innengespräche und die weitere Behandlung braucht es den Menschen, menschliche Intelligenz und Empathie. Künstliche Intelligenz kann dabei unterstützen. Vielleicht geht es auch um eine intelligente Arbeitsteilung von Mensch und Maschine.

Was ist künstliche Intelligenz?

Künstliche Intelligenz ist ein Teilgebiet der Informatik, das sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens (wie Sehen, Verstehen, Denken, Entscheiden oder Lernen) befasst. Technologie kann menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen und Gestalten zwar imitieren, aber eine Maschine „denkt“ nicht. Sie folgt je nach Fragestellung bestimmten Eingabedaten oder Parametern. Sie löst Probleme schrittweise nach Algorithmen, wobei an jeder Stelle des Algorithmus eindeutig festgelegt ist, was zu tun ist und welcher Schritt der nächste ist. Am Beispiel von Textgeneratoren wie Chat GPT heißt das, dass diese Softwareprogramme nicht über Inhalte nachdenken und dann Texte schreiben, so wie Menschen das tun. Sie gehen schlichtweg von Wahrscheinlichkeiten aus, welche Wörter aufeinander folgen und erstellen so einen Text. Dieser wird höchstwahrscheinlich hervorragend klingen, muss aber nicht inhaltlich sinnvoll sein. Und er muss auf gar keinen Fall der Wahrheit entsprechen. Wahrheit ist kein Parameter nach dem Chat GPT funktioniert. [3]

Diese Softwareprogramme wurden zunächst von Menschen entwickelt und programmiert, haben aber bereits begonnen, unsere Welt zu begreifen. KI erkennt Bilder sowie Sprache und interpretiert komplexe Daten. Sie ist in der Lage selbständig zu lernen und sich selbst rasant weiter zu entwickeln.

Als im Jahr 1997 der IBM-Supercomputer „Deep Blue“ den Schachweltmeister Garri Kasparow besiegte, schien damit der Kampf Mensch-versus-Maschine publikumswirksam eröffnet. Damals konnte der Computer nur Schachspielen. Heute kann die Maschine vom Schachbrett aufblicken, sich umsehen und sagen, was sich im Raum befindet. Sie kann sogar die Gesichtsausdrücke des menschlichen Gegenübers deuten. Das kann sie nicht, indem sie wie der Mensch in Beziehung tritt oder weil sie über Gefühle und die Fähigkeit zur Empathie verfügt. KI vergleicht Fotos von menschlichen Gesichtern und interpretiert nach diesen Vorlagen. Dabei lernt KI unentwegt durch die Milliarden Fotos, Videos, Texte und Fragestellungen, mit denen wir sie durch Gebrauch der Software „füttern“ und mit neuen Informationen ausstatten. Wir lehren KI die Welt wahrzunehmen und zu begreifen. [4]

Veränderung des Arbeitsmarktes durch fortschreitende Digitalisierung und zunehmende Nutzung künstlicher Intelligenz

Der digitale Wandel verändert die Arbeit und die Anforderungen an Arbeitskräfte. Das bedeutet, dass sich bestehende Berufe verändern und neue Berufe entstehen. Ob der hohen Geschwindigkeit, mit der diese Veränderungen passieren, vergessen wir manchmal, uns auf mögliche Folgen vorzubereiten.

Neue Technologien haben schon immer alte Lösungen ersetzt und damit zusammenhängende Berufsgruppen verändert oder obsolet gemacht haben. Denken Sie etwa an die Einführung des Automobils zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Dies hat nach und nach das Pferdefuhrwerk ersetzt und damit den Bedarf an Kutschenmachern und Schmieden. Gleichzeitig hat sich eine – damals nicht vorstellbare – Industrie an Autoherstellern und Zulieferern entwickelt (die im 21. Jahrhundert nun ihrerseits vor neuen Herausforderungen stehen).

Die industrielle Revolution umschreibt einen Prozess, der die Welt geprägt hat. Mit damit zusammenhängenden Vorteilen, an die wir uns mit einer Selbstverständlichkeit gewöhnt haben und mit Nachteilen, die uns gerade durch versiegende Rohstoffe und Umweltzerstörung immer mehr betreffen. Landarbeiter*innen wurden durch Traktoren ersetzt, Maschinenbauer*innen durch Fließbänder und Fließbandarbeiter*innen durch Roboter. Es sollte nicht vergessen werden, dass dieser Prozess gerade zu Beginn zu Massenarbeitslosigkeit und verheerenden Folgen geführt hat.

Durch KI sind wir wieder in einem solchen Prozess, nur dass diese digitale Transformation – die KI Revolution – viel schneller passiert. Die Veränderungen, die durch den Einsatz von KI entstehen, betreffen nicht alle Menschen und alle Bereiche im gleichen Ausmaß. Es gibt Bereiche, die von künstlicher Intelligenz besonders positiv oder negativ betroffen sein werden. Insgesamt betrifft die digitale Transformation ganz neue Schichten und macht vor niemandem Halt.

Bis vor kurzem hat die Automatisierung vor allem Routinearbeiten und gering qualifizierte Aufgaben beeinflusst. Regalbetreuer*innen bzw. Lagerarbeiter*innen können jetzt schon durch Roboter ersetzt werden. Die Problemlösungs- und Wahrnehmungsfähigkeiten der KI bedeuten jedoch, dass sie einige nicht-routinemäßige, kognitive Aufgaben ausführen kann, beispielsweise das Zusammenfassen von Informatik-Forschungsarbeiten. Das führt dazu, dass auch hochqualifizierte Berufe wie Radiolog*in, Labortechniker*in, Versicherungsmathematiker*in, Übersetzer*in oder Grafiker*in von KI stark betroffen sein werden oder aussterben könnten. Die Liste an Szenarien lässt sich ausbauen: Journalist*innen werden dort nicht mehr gebraucht, wo Artikel automatisch verfasst werden. Anwaltskanzleien brauchen keine Mitarbeiter*innen mehr, die Anfragen zur Rechtslage analysieren und beantworten. Wenn KI diese Arbeiten ersetzt, könnte das eine Bedrohung für diejenigen darstellen, die historisch eher vor den Auswirkungen des technologischen Wandels geschützt sind. [5]

Laut OECD findet sich kein Hinweis darauf, dass die Automatisierung zu einem allgemeinen Rückgang der Beschäftigung führt, da im Transformationsprozess nicht nur Arbeitsplätze zerstört, sondern auch verändert oder neu geschaffen werden. [5] Durch die zunehmende Digitalisierung entstanden bereits neue Berufe wie SEO-Manager*in, Datenanalyst*in, Robotertechniker*in oder Social-Media-Manager*in. Da sind wir schon mitten drin im digitalen Wandel und stehen dennoch erst am Anfang einer digitalen Transformation.

KI hat sich zu einer Basistechnologie entwickelt, die für den technologischen Fortschritt unverzichtbar erscheint, aber nicht  nur Vorteile bringen wird. Soweit es die makroökonomischen Auswirkungen der KI auf den Arbeitsmarkt betrifft, erwartet das Institut für Technikfolgen-Abschätzung eine Polarisierung der Arbeitsmärkte, steigende Ungleichheiten bei den Löhnen, eine Abnahme des Arbeitsvolumens, eine steigende Kontrolle von Arbeitnehmer*innen, eine Zunahme von prekären Arbeitsverhältnissen sowie Vorteile für Großunternehmen gegenüber KMUs. [6]

A.T. Kearney prognostiziert für Deutschland, dass in zwanzig Jahren etwa 50% aller Jobs durch Roboter ersetzt werden. Den geschätzt 9 Millionen Verlierer*innen stehen rund 1,5 Millionen Jobs gegenüber, die in der KI und Roboterindustrie neu entstehen. [7] KPMG erwartet für den britischen Arbeitsmarkt, dass 40 Prozent der britischen Arbeitsplätze durch KI beeinflusst sein könnten, wobei 2,5 Prozent aller Aufgaben betroffen sind. Rund die Hälfte der Verdrängung wird innerhalb der betroffenen Arbeitsplätze kompensiert, nämlich  durch die Schaffung neuer Aufgaben im Zusammenhang mit der Administration der neuen Technologie. [8]

Was genau die Zukunft bringen wird, lässt sich auch heute nicht vorhersagen. Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten wir brauchen werden allerdings schon.

21st Century Skills

Arbeitsplatzbezogenes Wissen und Berufserfahrung werden durch Automatisierung, Digitalisierung und selbstlernende Systeme in bestimmten Bereichen obsolet. Es ist also essentiell, sich auf lebenslanges Lernen – Verlernen – Neulernen einzulassen. Das was wir jetzt brauchen ist in zwei Jahren möglicherweise überholt, weil die Technologie eine andere ist.

Sicher ist, dass in allen Berufsfeldern die Anforderungen an digitale Fertigkeiten steigen. Dazu gehören der versierte Umgang mit neuen Medien sowie grundlegendes Verstehen der Funktionen neuer Geräte. Als zukunftsfest gelten einerseits Berufe, in denen Menschen Computersysteme entwickeln und steuern. Andererseits solche Berufe, die  „weiche“ Tätigkeiten umschreiben und vor allem „Soft Skills“ verlangen. Gemeint sind damit etwa Pädagog*innen, Clowns, Ärzt*innen, Pflegekräfte oder Therapeut*innen, die alle über Empathie, Humor und soziale Kompetenzen verfügen sollten.

Von der OECD formulierte „Kompetenz-Pakete“ (bestehend aus Lernkompetenzen, Lebenskompetenzen und digitalen Kompetenzen) sollen dazu dienen, im 21. Jahrhundert erfolgreich die komplexen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Sie werden die „21st Century Skills“ genannt. Demgemäß fordert die Digitalisierung neben technologischem Know –how auch diese „21st Century Skills“, die im betrieblichen Alltag immer wichtiger werden: Kommunikation, Kollaboration, Kritisches Denken und Kreativität. Diese Skills sind nicht durch Maschinen ersetzbar. [9]

Beim Blick auf die Arbeitswelt der Zukunft tun sich viele bange Fragen auf: Können wir (heute und zukünftig) was wichtig wird? Emotion und Technologie? Die Fähigkeit zur Innovation, adaptiv Lernen, gute Entscheidungen treffen, gut mit anderen zusammenarbeiten, komplexe Probleme lösen etc.? All das wird nicht durch Technologien ersetzt werden. Lernt man das? Wer ist vorbereitet auf so viel Wandel und Veränderung, Entwicklung und Diversität?

Wir wissen schon länger, dass der Bedarf an technologischen sowie an sozialen und emotionalen Fähigkeiten steigen wird. In diesen Bereichen besteht allerdings heute schon ein Fachkräftemangel. Sei es aufgrund schlechter Bezahlung (v.a. in den Bereichen, die soziale und emotionale Fähigkeiten voraussetzen), sei es aufgrund fehlender Ausbildung (v.a. in technischen / Technologie basierten Bereichen) oder aus anderen Gründen. Wie kann diese Lücke geschlossen werden? Wie wird es weitergehen? Werden wir in Zukunft mit Robotern kommunizieren? Werden sie uns dienen?

Die gewichtige Frage ist: Wie werden wir im Worst-Case-Szenario mit einer drohenden Massenarbeitslosigkeit umgehen? Die für Deutschland prognostizierten 9 Millionen Verlierer*innen, denen 1,5 Millionen neue Jobs  gegenüberstehen, lassen sich in diesem Verhältnis auch auf Österreich umlegen. Der Sozialstaat in seiner jetzigen Form wird keine Alternative sein, denn dem droht bereits der Kollaps, ohne dass diesem ernsthaft entgegen gewirkt wird [10].

Um all diese Problemstellungen zufriedenstellend lösen zu können, bräuchte es ein gebündeltes, zukunftsorientiertes Nachdenken. Etwa von Bildungssystem, Interessenvertretungen und Politik. Aber es scheint, dass hier zerbröckelnde Systeme mit dem eigenen Überleben beschäftigt sind. Möglicherweise liegt auch hier die Lösung in der digitalen Transformation. KI hat möglicherweise bereits unzählige logische Antworten, wie das Wohl der Menschen und der Gesellschaft gesichert werden kann. Oder deren Überleben.

Ist KI gut oder schlecht?

Künstliche Intelligenz wird weiter in unseren beruflichen Alltag einziehen und ihn nachhaltig verändern. Es ist durchaus davon auszugehen, dass KI unser Leben und unsere Arbeitswelt verbessern wird, denn die Möglichkeiten, die in der Anwendung dieser Technologie liegen, sind enorm. Sie macht das gesamte Weltwissen für uns verfügbar, beschleunigt die Forschung und macht die Wirtschaft effizienter. KI kann uns mit zahllosen Services den Alltag erleichtern. Ein in der Ferne liegendes Szenario von Meetings in holografischen Räumen (sog. Holoportationen) taucht bereits auf [3]. In so sensiblen Bereichen wie der Pflege wünschen sich Menschen zwar die Betreuung durch andere Menschen. Doch wenn diese bereits jetzt nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehen, dann könnte die Zukunft bei den Robotern liegen, die mit uns kommunizieren und uns pflegen.

Ob diese Entwicklungen als gut oder schlecht empfunden werden, ist zweifelsohne eine Frage des Standpunkts. Die zugrundeliegenden Technologien sind weder das eine noch das andere. Technologien wie die Künstliche Intelligenz sind mächtige Werkzeuge, die das Potential haben zu gestalten oder zu zerstören. Wie und wofür Werkzeuge verwendet werden, hängt immer von ihren Benutzer*innen ab. Auch mit Steinen kann man Brücken bauen oder Scheiben einschlagen. Menschen machen beides – wer würde es dem Stein verübeln?

Anders als ein Stein hat KI ein enormes Zerstörungspotential. Und alles was machbar ist, wird von irgendjemandem gemacht (werden), das betrifft nicht nur den Einsatz moderner Technologien. Die Risiken, die im Missbrauch dieser Technologie liegen, sind enorm. Mithilfe Künstliche Intelligenz wird es immer einfacher, Informationen über Menschen zu sammeln, diese zu überwachen und zu kontrollieren. Und es sind nicht Staaten sondern Privatfirmen, die diese Daten sammeln, verknüpfen, in ihre Rechnernetzwerke einspeisen und nach ihren eigenen Interessen benutzen können. [4]

Künstliche Intelligenz potenziert auch die Möglichkeiten der Manipulation. Es ist einfach geworden, falsche Informationen  (Fake News) zu verbreiten oder durch „Deep Fakes“ sogenannte „alternative Wahrheiten“ zu generieren und damit die öffentliche Meinung zu manipulieren. Allerdings ist gerade KI ein adäquates Werkzeug, solche Desinformationen zu entlarven.

Regierungen können durch Gesetze nicht nur ungehemmte Durchleuchtung und Cyberkriminalität hintanhalten. Um einen verantwortungsvollen Einsatz von KI-Anwendungen und damit das Wohl des Menschen und der Gesellschaft sicher zu stellen, braucht es zudem ethische Richtlinien. Wissend, dass Richtlinien und Gesetze ebenfalls umgangen werden, ist es dennoch wichtig, einen Rahmen nach bestimmten Wertvorstellungen zu definieren. Auch hier tun sich viele Fragen auf: Wer definiert ethische Standards? Welche Werte gelten? Wer ist wofür rechtlich verantwortlich? An entsprechenden Regulierungen wird auf europäischer Ebene gearbeitet.

Cui bono? Wem nützt’s?

Soll Künstliche Intelligenz dazu beitragen, unser Leben insgesamt besser zu machen, dann braucht es vor allem menschliche Intelligenz. Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass es immer und zuallererst um den Menschen geht. Technologien sind kein Selbstzweck, sie sollen dem Menschen dienen, nicht umgekehrt. Technologische Entwicklung sollte die Entwicklung des Menschen unterstützen, nicht hintanhalten. Es ist weder für den Menschen noch für die Gesellschaft zielführend, wenn wir uns nur auf die technologischen Innovationen beschränken, ohne dabei den Menschen im Fokus zu haben.

Es braucht menschliche Intelligenz um mit künstlicher Intelligenz umzugehen. Das betrifft uns alle, und nicht nur im beruflichen Kontext. Wir nutzen KI täglich, oft ohne uns dessen bewusst zu sein, beispielsweise sobald wir unser Smartphone bedienen. Wir folgen individualisierten Musik- und Produktempfehlungen, wir unterhalten uns mit Sprachbots, wir lassen Softwareprogrammen wie Chat GPT unsere Newsletter erstellen. Und so manche*r hat schon bemerkt, dass die Fähigkeit, diese Texte konzentriert zu lesen, abgenommen hat. Wir nutzen KI auch oft ohne zu verstehen, wie sie funktioniert. Diese „Konsumieren ohne Kapieren“ bringt uns in eine unerfreuliche Abhängigkeitssituation.

Es geht insbesondere darum, nicht „digital nackt dazustehen gegenüber den KI Systemen von Konzernen, die ausgefeilte Psychogramme über uns anlegen und unsere Wünsche manipulieren. (…) Kombiniert mit Ortsdaten aus Handys und Überwachungskameras, mit digitalen Spuren von Einkäufen und sozialen Verbindungen entsteht ein hochaufgelöstes Abbild ganzer Gesellschaften“ [4].

Auch als Unternehmer*innen sind wir gut beraten, beim Thema KI nicht etwa aus Angst den Kopf in den Sand zu stecken. Denn damit hören wir bzw. unsere Unternehmen auf, mit unserer Umwelt zu kommunizieren und zu interagieren. Es ist wie der Versuch, individuell globale Entwicklungen auszublenden bzw. aufzuhalten und dabei unverändert bestehen zu bleiben. Das ist nicht möglich. Unternehmen sind – wie alle Organisationen – „keine dinglichen Entitäten, sondern Prozesse, die nur die Zeit überdauernd bestehen bleiben, wenn sie immer wieder aufs Neue realisiert, d. h. fortgesetzt, werden“ [11]. Und das tun sie, wenn sie im Austausch mit ihrer Umwelt bleiben. Dies wiederum bedeutet nicht, ins andere Extrem zu fallen und unüberlegt „einfach alles“ mitmachen zu müssen.

Das Gebot der Stunde lautet, einen kühlen Kopf zu bewahren und Strategien zu entwickeln, wie uns die KI dienlich sein kann. Wie können wir künstliche Intelligenz positiv für uns nutzen und wie können wir Negatives hintanhalten? Greifen Sie dafür auf menschliche Intelligenz zurück – Ihre, die Ihrer Mitarbeiter*innen und Kund*innen, die Ihrer Berater*innen.

Nehmen Sie sich Zeit und informieren Sie sich über digitale Entwicklungen und darüber, zu welchen Veränderungen diese bei Ihren Kund*innen und in Ihrer Branche führen. Nehmen Sie sich Zeit zu überlegen, welche Zukunft Sie sich für Ihr Unternehmen wünschen. Wie wollen sie in Zukunft arbeiten und wie lässt sich das verwirklichen? Welche digitalen Tools können sie unterstützen und welche haben zum jetzigen Zeitpunkt keinen Nutzen für Sie? Wie können Sie den digitalen Wandel aktiv gestalten, statt von Entwicklungen überrollt zu werden? Achten Sie darauf, sorgsam mit Ihren Daten umzugehen und nehmen Sie das Thema Cybersicherheit ernst. Und zu guter Letzt: Scheuen Sie sich nicht, bei all diesen Fragen oder Plänen entsprechende Beratung und Unterstützung in Anspruch zu nehmen, zumal es dafür vielfältige Fördermöglichkeiten gibt. AnnA wirkt berät, unterstützt und begleitet Sie bei Ihren analogen und digitalen Herausforderungen. II anna-wirkt.at

Quellen

[1] Dazu habe ich in meinem Blog über das 3 Sektoren Modell geschrieben: https://www.anna-wirkt.at/corona-und-das-3-sektoren-modell-komfortzone-lernzone-panikzone/

[2] Hippenmeyer, Simon (2023): Das menschliche Gehirn und die Künstliche Intelligenz, Vortrag im Rahmen des Bildungskongresses „Faszination Künstliche Intelligenz“, 6. Oktober 2023, Wiener Neustadt

[3] Hatahet, Nahed (2023): Der Mensch im Mittelpunkt der digitalen Transformation – Algorithmen kommen, der Mensch bleibt, Vortrag im Rahmen des Bildungskongresses „Faszination Künstliche Intelligenz“, 6. Oktober 2023, Wiener Neustadt

[4] Schwägler, Christian (2015): Künstliche Intelligenz – Maschinen dürften schon bald intelligenter sein als wir. Werden sie unser Leben gefährden oder bereichern? in: GEO, Österreich Ausgabe 03, März 2015

[5] Lane, Marguerita / Saint-Martin, Anne (2021): The impact of Artificial Intelligence on the labour market: What do we know so far? OECD Social, Employment and Migration Working Papers, No. 256, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/7c895724-en (Zugriff: 6.12.2023)

[6] Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Wien (2020): Wenn Algorithmen für uns entscheiden: Chancen und Risiken der künstlichen Intelligenz; TA-SWISS (Hrsg.): TA-SWISS, Volume 72, 2020, Open Access eBook: https://vdf.ch/wenn-algorithmen-fur-uns-entscheiden-chancen-und-risiken-der-kunstlichen-intelligenz-e-book.html (Zugriff: 6.12.2023)

[7] A.T. Kearney (2015): 45 Prozent der heutigen Jobs durch Roboter bedroht, 3.12.2015, https://www.presseportal.ch/de/pm/100001237/100781426 (Zugriff: 5.12.2023)

[8] KPMG (2023): Generative AI and the UK labour market. The occupational and economic impact of Generative AI, Juni 2023, https://assets.kpmg.com/content/dam/kpmg/uk/pdf/2023/06/generative-ai-and-the-uk-labour-market.pdf (Zugriff: 5.12.2023)

[9] Martin, John (2018): Skills for the 21st century: Findings and policy lessons from the OECD survey of adult skills, OECD Education Working Papers, No. 166, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/96e69229-en (Zugriff: 1.12.2023)

[10] Prugger, Erhard (2023): Sozialfall Sozialstaat – Was jetzt zu tun ist, Trauner Verlag, Linz

[11] Simon, Fritz B. (2015): Einführung in die systemische Organisationstheorie, Karl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg, S.16